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Interview mit Georg Schütky

Wie kamst du zu dem Stück Die Zauberflöte 
Irgendwie war das immer schon als Witz bei uns Thema in den letzten Jahren, weil die Musicals immer größer geworden sind und wir uns dann immer mehr großen Stoffen und Themen der Welt- und Opernliteratur zugewendet haben. Es wurde mehrmals gesagt: „Irgendwann kommt dann sicher einmal die Zauberflöte.“ Nach der Fledermaus letztes Jahr haben wir uns dann bereit gefühlt und haben gesagt „Ja, warum eigentlich nicht?“

   

Was denkst du über den Inhalt des Musicals?  
Das ist gar nicht so einfach. Die Zauberflöte kennt jedes Kind, aber worum es genau geht, ist oft sehr verschwommen. Es hat mich interessiert, wie schauen wir auf so was, das jedem irgendwie was sagt, wo aber im Verborgenen liegt, worum es eigentlich wirklich geht. Die Zauberflöte trägt ein Geheimnis in sich, irgendwo in der Kombination aus Musik und Geschichte, das sie so erfolgreich macht und durch Jahrhunderte trägt. Das Coole an dieser Geschichte ist, dass man sie von ganz vielen Seiten anschauen kann, immer etwas Neues sieht oder etwas herausholen kann. Natürlich war für uns wichtig, dass wir einen Blick hinkriegen, der speziell der Altersklasse und den Menschen, mit denen wir das machen, auch etwas sagt und bringt. Wir haben in dem Stück Tamino, Pamina und Papageno, die ganz klar auf der Suche nach Liebe sind, sich das erste Mal verlieben, Probleme mit ihren Eltern haben. Es gibt eine Grundstimmung in dem Stück, die als Coming-of-Age-Geschichte lesbar ist, wo es darum geht, dass es eine ältere und eine jugendliche Generationen gibt. Das herauszukitzeln und zu erforschen, ist hier jetzt für uns im BORG eine wirklich coole Herausforderung. 

 

Wie lange dauert es, ein Textbuch zu schreiben? 
Das ist interessanterweise jedes Mal anders. Wir haben uns dieses Mal vorgenommen, eine ganz eigene Version von Textbuch zu schreiben. Und zwar habe ich das gar nicht so sehr im stillen Kämmerlein alleine geschrieben, sondern wir haben uns eigentlich seit der Summer School gemeinsam mit dem originalen Stoff beschäftigt. Ende Oktober haben wir dann begonnen, in unseren eigenen Worten, jede*r mit seiner/ihrer Rolle, Szene für Szene zu improvisieren. Das hat erstaunlich gut funktioniert. Diese Szenen haben wir aufgenommen. Und nun verändern wir es weiter auf den Proben. Unsere Dialoge sind also eigentlich improvisierte Texte auf der Basis der Originalgeschichte. 

Welche Schwierigkeiten gab es dabei? 
Es gibt viele Dinge in dem Stück, die sind natürlich einfach alt und kommen aus einer ganz anderen Zeit. Es gibt Worte, die man nicht versteht, es gibt auch Dinge, die uns heute politisch komisch vorkommen. Das beste Beispiel ist Monostatos, eine schwarze Person: Er wird ganz klar rassistisch dargestellt und spielt dabei auch noch den Bösen. Das ist etwas, was man heutzutage sehr in Frage stellt und was ich nicht mehr so machen will. In diesem Stück gibt es auch Ebenen der Misogynie, also Frauenfeindlichkeit, denn es kommen Textpassagen oder auch Szenen vor, die man heute, ohne sie zu hinterfragen, nicht machen kann. Ein Beispiel wäre, als der Priester sagt: „Ein Weib tut wenig, plaudert viel“. 
Es ist natürlich auch spannend, in Stücken solche Themen zu finden, denn Theater soll ja nicht nur Spaß machen, sondern auch Themen aufzeigen, die interessant oder problematisch sind. Man kann dann darüber nachdenken, wie man damit umgehen kann, und sie infrage stellen. Es wäre langweilig, wenn das Stück nur politisch korrekt und einfach zu lesen wäre, denn unsere Welt ist ja nicht so. Das sind dann die Dinge, die uns auch wirklich beschäftigen und aus denen spannende Szenen entstehen. 

 

Was ist dein Lieblingscharakter im Stück und wieso? 
Natürlich ist Papageno eine supertolle Figur. Ich bin als Regisseur allerdings immer in die Figur verliebt, die gerade auf der Bühne vor mir ist. Wenn ich mich für eine entscheiden müsste, dann wäre es allerdings Papageno. 

 

Gibt es etwas Neues in dieser Produktion, was es bei den vergangenen Musicals noch nicht gegeben hat?
Ja auf jeden Fall, erstmal, dass wir wieder an den Ursprungsort der BORG Musicals zurückkommen und wir wieder in einem echten Theater mit einer Guckkastenbühne im Volkshaus spielen und den Orchestergraben wieder nutzen, so wie in der Oper. Dann sind auch die gesangliche Qualität und die musikalische Herausforderung dieses Mal besonders, weil wir viele Duette, Ensembles und Quintette haben, wo fünf Leute unterschiedliche Stimmen singen und spielen müssen. Das haben wir in den letzten Musicals selten gehabt, weil wir oft Popmusik gesungen haben. Wahrscheinlich werden wir auch Stunts außerhalb des Volkshauses zeigen, denn wir werden das erste Mal im Sommer spielen und das wollen wir auch nutzen und den Außenbereich mitbespielen. 

 

Was ist die größte Herausforderung bei der Produktion dieses Musicals?
Für mich ist die größte Herausforderung, die vermeintliche Leichtigkeit, die das Stück hat, in einer Kürze und Prägnanz zu zeigen. Alles muss wahnsinnig leicht wirken. Es muss wirken, als wäre es so verzaubert und hineingefallen in den Moment. Und das sind immer die schwersten Dinge. Das Stück offenbart so schnell keine tiefen Konflikte. Es gibt Schauspielstücke, die arbeiten sich zwei Stunden lang an einem ganz schlimmen Thema ab und sind ganz ernst. Das ist viel leichter zu  inszenieren als so etwas wie die Zauberflöte, die in so einer grandiosen Leichtigkeit trotzdem ganz tiefe Dinge erzählt. 

 

Wie wird man eigentlich Regisseur?
Ich glaube, dass es ganz unterschiedliche Wege gibt, dort hinzukommen. Man kann das, so wie ich, einfach studieren. Aber das allein reicht nicht. Man braucht viel Praxis und man muss das auch wirklich sehr wollen.
Andere Leute handeln mit Christbäumen oder haben ein Zuckerlgeschäft, das, was ich verkaufe oder womit ich handle, sind meine Ideen und Träume. Ich merke das immer, wenn man ein Projekt startet als Regisseur: Dann ist da ein Raum voller Menschen, die keine Ahnung haben, und alle schauen dich an und wollen wissen, was sie tun. Und das ist sozusagen dieser Handel mit Träumen, weil dann sage ich „Ja, wir machen etwas voll Cooles und das wird im Endeffekt so und so ausschauen“. Und der Deal ist eigentlich, dass die Leute mir glauben, dass wir das gemeinsam schaffen. Genauso wie der Mensch im Zuckerlgeschäft sagt: „Meine Zuckerl sind super gut“, sage ich: „Meine Ideen sind super gut“. Ich muss also hinkriegen, dass möglichst alle daran glauben. Und dann entsteht oft ein Prozess von Verzauberung. Das Coole dran ist, dass das auch meistens funktioniert.  

 

Wie lange arbeitest du schon in dieser Branche? 
Zu studieren begonnen habe ich 2007, davor habe ich aber auch schon Theater gemacht. So zu sagen freischaffend nach dem Studium bin ich seit 2013 oder 2012. Ich glaube, 2012 hatte ich meine erste Premiere im Opernhaus in Leipzig, insofern 10 Jahre. 

 

Welche Eigenschaften benötigt man als Regisseur?
Kommunikation sollte nicht etwas sein, wovor man nächtelang Albträume hat. Ich kann das nur von mir sagen, mich interessieren Menschen. Also ich bin total happy, jetzt neue Menschen im Raum zu haben, die das noch nie gemacht haben und total coole Ideen haben, und das interessiert mich irgendwie.  

 

Was ist das Schönste an deinem Beruf?
Auf jeden Fall, dass man Zeit hat, sich Themen zu widmen. Ich empfinde das schon als Luxus, man verdient zwar am Anfang nicht sehr viel und es kann sein, dass man nicht davon leben kann, aber das kann ich eigentlich seit zehn Jahren ganz gut. Ich habe eben wirklich die Chance, mich mit Themen auseinanderzusetzen, die mich sehr interessieren, Dinge auszuprobieren und eigentlich das zu machen, was ich sonst auch machen würde, also sozusagen meine Leidenschaft zu leben. Und ich glaube, das haben viele Leute, die in einem Büro sitzen, nicht. Also im besten Fall schon, aber viele Leute haben die ökonomischen Voraussetzungen nicht, ihren Traum zu leben, und das kann ich. 

 

Interview von Sophie Hammerer und Katharina Feichtenhofer (7A)